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Schutz und Hilfe gegen das Stigma «Aids»
Sida & l'Enfant

Schutz und Hilfe gegen das Stigma «Aids»

Stigmatisierung ist eines der grossen Themen, die den Kampf gegen Aids begleiten und vielerorts erschweren. Scham und die Angst vor Schande und Ausgrenzung führen oft zum Verbergen oder gar Leugnen der HIV-Infektion. Was bedeutet das HIV/Aids-Stigma im Alltag für betroffene Kinder, ihre Chancen im Leben und ihr Wohlergehen?

R. ist 10-jährig und lebt mit seiner Mutter in einer grösseren Schweizer Stadt. Der aufgeweckte Junge geht gern zur Schule. Zuhause ist es für ihn schwieriger. Oft liegt seine Mutter apathisch auf dem kleinen Sofa, wenn er nach Hause kommt. Sie wirkt abwesend, es ist ihr schlecht, sie kann sich kaum um ihn kümmern. Darum sieht R. nach seiner Mutter, er kauft ein, kocht unbeholfen und versucht, den Alltag irgendwie zu organisieren. Viel zu früh ist R. allein und auf sich selbst gestellt. Und er weiss nicht, was los ist. Aber eins ist ihm klar: Irgendetwas ist mit seiner Mutter nicht in Ordnung. Doch sie spricht nicht mit ihm über ihre Krankheit heit, verspricht ihm nur, es werde sicher bald besser. Dass sie dies schon seit Jahren tut, macht es dem Jungen schwer, ihr zu glauben. Andererseits traut sich R. nicht zu fragen, vielleicht weil er Angst vor der Antwort hat.

Leider realistische Ängste
Die Mutter, nennen wir sie Bianca, ist seit vielen Jahren HIV-positiv. Ihrem Sohn verschweigt sie das bis heute, weil sie Angst hat, dass er sich von ihr abwendet. Früher verschwieg sie es, weil sie Angst davor hatte, dass ihr Sohn, wenn es bekannt würde, von Spiel- und Schulkameraden geschnitten würde, ausgestossen würde und seine Freunde verlöre. Abwegig sind diese Ängste von Bianca leider nicht.

Ihre Angst baut einen engen Käfig nicht nur um sie selbst, sondern auch um ihren Sohn. Er sieht ja täglich, dass etwas nicht stimmt. Und seine Mutter nimmt ihm die Möglichkeit, sie zu verstehen. Der kluge und ruhige Junge wird in der Schule immer auffälliger. Deshalb wird die Schulsozialarbeit beigezogen. Aber auch der Psychologin sind die Hände gebunden, solange die Mutter es nicht wagt, ihrem Kind die Wahrheit zu sagen. Die freiwillige Isolation der Mutter aus Angst wird für ihren Sohn zur grossen Last. Verwirrung, Wut und Überforderung wachsen – und es ist absehbar, dass Bianca ihren Sohn verlieren wird, wenn sie den Mut nicht findet, ihm zu erzählen, woran sie wirklich leidet, und lernt, ihre Verantwortung als Mutter wahrzunehmen.

Innen sehr einsam
Die Folgen von Stigmatisierung sind für Betroffene tiefgreifend und können sich vor allem auf Kinder verheerend auswirken. Die Entwicklung der eigenen Identität ist gefährdet, ein positives Selbstbild wird erschwert, wenn man das Gefühl hat und auch von anderen bestätigt erhält: «Ich bin weniger wert als andere.» Im sozialen Bereich gehen dadurch Kontakte verloren, was bald zu einer Isolation führen kann. Der Umgang und die Interaktionen mit der Umgebung reduzieren sich und sind mehr und mehr von Angst, Unsicherheit und Spannung geprägt.

Wie die Geschichte von R. weitergeht, wissen wir noch nicht. Sie illustriert jedoch deutlich, wie das Stigma wirkt und dass die Angst davor schlimme Auswirkungen auf das Leben von Kindern haben kann. Ein therapeutisch begleitetes Outing hingegen bietet eine reelle Chance zur Aufarbeitung, Vertrauensbildung und für den Aufbau eines positiven Selbstbilds. Aids & Kind und seine Fachleute setzen sich mit der Aufklärung an Schulen, mit Öffentlichkeitsarbeit und persönlicher Beratung dafür ein, dass das Schweigen um HIV/Aids nicht zu laut wird. (Aids und Kind Infoletter 2/2012)

 

Weitere Informationen:

Stigmatisierung bei HIV/AIDS, ihre Ursachen und Folgen: Interview mit dem Fachpsychologen Dr. Anton Fischer (Aids und Kind Infoletter 2/2012 S. 3)

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Schutz und Hilfe gegen das Stigma «Aids».pdf — (1370 kB)