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Im südlichen Afrika bleibt die Situation werdender Mütter dramatisch
Santé et droits sexuels et reproductifs

Im südlichen Afrika bleibt die Situation werdender Mütter dramatisch

Wendekreis, Juli 2014 - Die Bilanz zu MDG 5 ist ernüchternd: Weltweit wurden sehr unterschiedliche Fortschritte bei der Verbesserung der Gesundheit von Frauen gemacht.

Mit dem Millenniumsentwicklungsziel 5 hat die Weltgemeinschaft den Fokus auf die Gesundheit von Müttern und ihre sexuellen und reproduktiven Rechte gelegt. Was dringend notwendig war und ist, denn die Zahl der vermeidbaren Todesfälle von Frauen während der Schwangerschaft und bei oder nach der Geburt ist inakzeptabel hoch. Zwei Zielvorgaben sollten im Rahmen von MDG 5 bis 2015 erreicht werden: die Reduzierung der Müttersterblichkeit um 75 Prozent (5A), des Weiteren soll der allgemeine Zugang zur reproduktiven Gesundheit realisiert werden (5B). Doch die Fortschritte, die in den letzten zwei Jahrzehnten in beiden Bereichen gemacht worden sind, sind besonders langsam und sehr ungleich verteilt.

Ungleichverteilung der Erfolge

Komplikationen bei Schwangerschaft und Geburt sind in Afrika, Asien und Lateinamerika eine der häufigsten Todesursachen von Frauen und Mädchen im gebärfähigen Alter. Weltweit sterben gemäss neuesten Zahlen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) jährlich 343 000 Frauen jährlich als Folge einer Schwangerschaft, 99 Prozent davon in Entwicklungsländern. Besonders skandalös ist dabei, dass viele Todesfälle vermieden werden könnten – etwa durch bessere medizinische Versorgung und fachkundige Aufklärung, weniger Armut und Diskriminierung von Frauen in allen Bereichen.

Dank den MDGs und verstärkten Investitionen in die Müttergesundheit konnten in den letzten zwei Jahrzehnten einige Erfolge erzielt werden. Weltweit konnte die Zahl der Sterbefälle von Müttern um 47 Prozent gesenkt werden – von 400 Todesfällen je 100 000 Geburten im Jahr 1990 auf 210 im Jahr 2010. Dies ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Dennoch sind die Fortschritte in diesem Bereich zu gering und zudem sehr ungleich verteilt. Besonders in Afrika südlich der Sahara ist die Situation werdender Mütter dramatisch. Im Tschad und in Somalia, wo die Sterblichkeitsrate für Mütter mit schätzungsweise 1000 auf 100 000 Geburten am höchsten ist, ist das Risiko einer Frau, im Kindsbett zu sterben, 125-mal so hoch wie in der Schweiz.

Auch innerhalb eines Landes klafft ein tiefer Graben zwischen ruralen und urbanen Gebieten – etwa was die medizinischen Dienstleistungen, aber auch was den Zugang zu sauberem Trinkwasser betrifft. Im Jahr 2011 wurden in ländlichen Gebieten nur 53 Prozent der Entbindungen von geschultem Gesundheitspersonal betreut, während es in städtischen Gebieten 84 Prozent waren.

Schwache Gesundheitssysteme

Eine erfolgreiche Bekämpfung der hohen Müttersterblichkeit setzt die gleichzeitige Stärkung der Gesundheitssysteme voraus. Aus diesem Grund wurde zusätzlich die Zielvorgabe 5B formuliert, die den Fokus auf den Zugang zu allgemein medizinischen, insbesondere aber auch gynäkologischen Dienstleistungen legt. Eine gute Betreuung während Schwangerschaft und Entbindung, aber auch Sexualaufklärung und Familienplanung sind fundamental für die Gesundheit und das Überleben von Mutter und Kind. Trotz einiger Verbesserungen in diesem Bereich erhält aber nur etwa die Hälfte der werdenden Mütter die empfohlene minimale medizinische Versorgung und fast fünfzig Millionen Babys weltweit werden ohne kompetente Hilfe zur Welt gebracht.

Fachkundiges Gesundheitspersonal kann bei einer Risikogeburt und lebensbedrohenden Komplikationen die notwendige Hilfe leisten. In Subsahara-Afrika ist HIV in rund 24 Prozent der Todesfälle von schwangeren Frauen oder jungen Müttern die Todesursache. Geschultes Personal ist für die professionelle Behandlung der Mutter notwendig, aber auch zur Verhinderung der Übertragung des HI-Virus aufs Kind – ein inniger Wunsch jeder HIV-positiven Mutter.


Massive Defizite bei den Risikogruppen

Doch die Millenniumsentwickungsziele vernachlässigen Millenniumsentwicklungsziel 5: «Verbesserung der Gesundheit von Müttern» gerade jene Bevölkerungsgruppen, die am schwersten erreichbar sind und eine Verbesserung am dringendsten bräuchten: Jugendliche, Menschen mit geringem oder keinem Einkommen, Behinderte, Migranten und Migrantinnen und Marginalisierte. Wenn Teenager Kinder bekommen, ist dies sowohl für die Mutter wie das Kind mit hohen Risiken verbunden. Über 7,3 Millionen Mädchen unter 18 Jahren werden jedes Jahr Mutter und über 70 000 Mädchen sterben an den Folgen von Schwangerschaft und Geburt. Kinderheirat, Diskriminierung von Frauen und Mädchen, Armut und sexuelle Gewalt sind einige der Gründe.

Weltweit haben nach aktuellen Schätzungen der WHO über ein Drittel aller Frauen physische oder sexuelle Gewalt erfahren. Doch sexuelle Gewalt gegen Frauen ist gerade eines der Themen, welches die MDGs ausklammern. Die zentrale Kritik an den Millenniumsentwicklungszielen ist denn auch, dass sie Macht- und Verteilungsfragen ignorieren, und Ansprüche von Frauen auf Gerechtigkeit und Gleichberechtigung nicht thematisieren. Der Wunsch nach klar abgrenzbaren Zielen und messbaren Ergebnissen hat dazu geführt, dass komplexe Themen im Bereich der Müttersterblichkeit in unterschiedliche Pakete verpackt und getrennt angegangen worden sind, obwohl sie eng zusammengehören. Die Gesundheit von Frauen und Müttern hängt aber nicht nur von funktionierenden Gesundheitssystemen oder der Bekämpfung von HIV ab, auch die soziale und rechtliche Stellung der Frauen sowie ihre Bildungschancen in einer Gesellschaft spielen hier eine wichtige Rolle.

Post-2015-Agenda als Chance

Längst sind Debatten im Gange, was aus solchen Defiziten für eine neue Agenda zu lernen ist. Klar ist, die sogenannte Post-2015-Agenda für eine nachhaltige Entwicklung (SDG) muss auf einen ganzheitlicheren Ansatz setzen – ohne dabei auf die Kraft krankheitsspezifischer Kampagnen zu verzichten.

Die Post-2015-Entwicklungsagenda soll aber auch an den von den Millenniumszielen angeregten Prozessen anknüpfen und so die Brücke zu den bestehenden internationalen Resolutionen und Errungenschaften schlagen, etwa zum Aktionsprogramm der Weltbevölkerungskonferenz von Kairo 1994 und deren Nachfolgeresolutionen.

Wir vom Gesundheitsnetzwerk Medicus Mundi sind überzeugt, dass eine neue Entwicklungsagenda die Menschenrechte ins Zentrum stellen und Fragen nach Gerechtigkeit und Gleichberechtigung aufnehmen muss. Beim Thema Gesundheit für alle geht es ganz klar um die Sicherung des allgemeinen Zugangs zur Gesundheitsversorgung.

Das Konzept der «Universal Health Coverage», das von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) portiert wird, trägt dem Rechnung. Damit alle Menschen unabhängig von Geschlecht, Alter oder gesellschaftlicher Zugehörigkeit ihre Möglichkeiten ausschöpfen können, gesund zu sein und zu bleiben, muss eine neue Agenda gezielt Fragen nach Machtverhältnissen und Gerechtigkeit stellen.

Die offizielle Schweiz hat in diesem weltweiten Diskussionsprozess wichtige Anliegen der Zivilgesellschaft aufgenommen. So anerkennt sie soziale Gerechtigkeit als Grundprinzip der Agenda für eine «nachhaltige Entwicklung» und verspricht, die strukturellen Ursachen von Ungleichheit anzugehen. Dazu gehört insbesondere das Bestreben, ihre Handels- und Agrarpolitik kohärent auf eine nachhaltige Entwicklung auszurichten. (Helena Zweifel. Netzwerk Medicus Mundi Schweiz, Wendekreis 7, 2014)

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