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Aids & Kind

Die Geschichte von Funeka

Die Geschichte von Funeka

Projektbesuch in East London / Südafrika

Langsam gehen wir den vom Regen ausgewaschenen Weg zu einem etwas abseits und alleinstehenden Backsteinhäuschen. Gleich dahinter fällt das Gelände steil ab. In den Büschen hängt Plastik auf dem Weg liegt trostlos Abfall.  Ziegen suchen nach Essbarem.  Gemeinsam mit Adona, Deniswa und Oliswe bewegen wir uns zischen den Rändern des noch offiziellen Townships und einem der zahlreichen Slums, welche die in Containern untergebrachte, beschiedene Tagesstruktur für Kinder der Selbsthilfegruppe Ncedulunthu umgeben. Donner grollt in der Ferne – die ersten fetten Tropfen klatschen auf den staubigen Boden.

Im kleinen Haus ist es düster und stickig. Wir bitten darum, die Fenster zu öffnen, denn wir wissen, dass hier mindestens 2-3 Leute an Tuberkulose leiden. Zwar behaupten sie, sie seien geheilt – vermutlich aber ist die TB im besten Fall temporär unterdrückt. TB ist eine er opportunistischen Erkrankungen die bei einer HIV-Infektion oft vorkommen, wenn das Immunsystem bereits stark geschwächt ist.

Auf die Frage nach der Anzahl der ständig im Haus lebenden Personen, bekommen wir die Information„Fünfzehn. Davon 5 Erwachsene“. Das macht 10 Kinder. Kein Mann – das vermag nach 2 Wochen Südafrika nicht zu erstaunen. Die Mutter,Funeka, ist HIV-positiv, resp. Aidskrank und hat selbst drei Kinder. Sie verschweigt der Familie, woran sie leidet, nimmt aber ihre Medikamente – wie sie selbst sagt – regelmässig. Nachfragen zeigen, das sie die Therapie immer wieder unterbricht, weil sie kein Geld hat, um die Medikamente im Spital abzuholen. Vier Kinder hat sie von ihrer an Aids gestorbenen Schwester „geerbt“.  Getestet werden sie alle nicht, solange sie gesund sind. Denn  sie erhalten die lebenswichtigen Medikamente erst, wenn sie bereits ein geschwächtes Immunsystem haben und bereit kränkeln. Dies ist für die Entwicklung der Kinder fatal.

Die ganze Grossfamilie lebt von einer kärglichen Rente eines der Aidswaisen. Arbeit finden die erwachsenen Frauen höchstens sporadisch und mit viel Glück. Das Geld reicht für eine tägliche Mahlzeit abends: Mealie-meal, ein Maisbrei. Kein Gemüse, keine Milch, manchmal ein Ei und ein bis zwei Mal jährlich ein altes Huhn, das nicht mehr legt. Morgens Tee. Wer hier haust, ist mager, nur das Kleinste ist noch rund vom Babyspeck. Die Frauen haben das Geld für den Bus zur weit entfernten Gesundheitsstation nicht.

Durch behutsames Fragen finden wir heraus, dass de facto alle Familienmitglieder krank sind. Weil HIV und Aids ein Tabu sind, können wir das Offensichtliche nicht ansprechen und brauchen viel Fingerspitzengefühl. Agonie, Depression, Scham und Trostlosigkeit sind mit den Händen greifbar und durchdringen alles. Erst ganz zum Schluss wagt sich Funeka, uns zu erzählen, dass ihr 13-jähriger Sohn seit Wochen krank im Bett liegt, abmagert, Ausschläge und TB hat. Wir wissen was das heisst; der Junge muss schnellstmöglich ins Spital, sonst stirbt er an Aids. Wir bedanken uns für ihr Vertrauen und organisieren einen Bus, der die ganze Familie am früh am nächsten Morgen ins Spital bringt. Die unerschrockenen Frauen von Ncedulunthu werden die Gruppe begleiten, um sicher zu stellen, dass tatsächlich getestet und behandelt wird. Wir können nur hoffen, dass unser Besuch die nötige Entlastung gebracht hat und die Beziehung von Funeka zu den Frauen von Ncedulunthu so gestärkt hat, dass sie deren Unterstützung zukünftig in Anspruch nimmt. Die Familie braucht sie dringend. (2013)

Projekt: Lichtblicke im Sum von East London

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